Österreich

Kultur-Revolution: "Krone" schickt Nackte in Pension

"Krone"-Chef Christoph Dichand zur Textil-Causa: "Es gibt Zeiten, da geraten solche Bilder in den Hintergrund."

13.09.2021, 22:37
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Textil-Bruch bei Österreichs größter Zeitung! Still und heimlich ging am Samstag eine Ära zu Ende: Die "Kronen Zeitung" druckte auf Seite 11 die letzte barbusig kokettierende Frau ab. "Ziemlich dramatisch posiert hier Olivia vor dem Oldtimer ihres Freundes", begann die Bildunterschrift. Das Ende der Institution wurde zwischen den Zeilen verkündet: "Vielleicht ist das Model bestürzt, weil die Temperaturen für Ausfahrten oben ohne schon zu niedrig sind – sowohl für das Cabrio als auch für die Schöne selbst." Einkleidung war seit Langem geplant Nur 24 Stunden später war es dann tatsächlich so weit: Das "Krone"-Model gab sich am Tag des Herren zugeknöpfter und trug einen Spitzenbody, der das Nötigste verhüllte – bisher war bei der "Kronen Zeitung" nur im Advent und in der Fastenzeit Textil geboten. Entnommen war das Bild einem Schwarz-Weiß-Kalender des Fotografen Martin Wieland. Wie "Heute" erfuhr, war die Einkleidung nicht nur dem Temperatursturz geschuldet, sondern ein lange geplanter Schritt, der nun im Zuge der #metoo-Diskussion vollzogen wurde. Auf "Heute"-Anfrage erklärte "Krone"-Herausgeber Christoph Dichand am Mittwoch: "Es gibt es bei uns immer wieder bestimmte Zeiträume, in denen solche Bilder in den Hintergrund geraten oder gar nicht erscheinen. So ist das auch jetzt."

"Heute" legte schon 2014 vor Angelehnt an die legendären "Page-3-Girls" in der britischen Yellow Press druckte auch "Heute" lange Zeit erotische Fotos auf Seite drei. Allerdings waren die Bilder aufgrund der jungen Leserschaft züchtiger; Busen wurde keiner gezeigt. Im Sinne der Gleichberechtigung erklärte Herausgeberin Eva Dichand den Mittwoch zum Männer-Tag, wo sich Leserinnen an Mucki-Bodys erfreuen konnten. Im November 2014 wurde die Rubrik den Zeichen der Zeit angepasst – seitdem zieren witzige Schnappschüsse aus der Foto-App Instagram die Seite 3 von "Heute". Nun zog auch die "Krone" nach, druckt Schönbilder wie Frauen mit Hingucker-Hüten beim Pferde-Cup von Melbourne. Auch der "Playboy" hatte Nacktaufnahmen zwischenzeitlich aus dem Heft verbannt, dies kürzlich aber wieder revidiert.

Hans Dichand führte "Krone"-Nackte ein "Krone"-Gründer Hans Dichand (1921-2010) hat mit den Nackten (damals meist auf Seite 7 platziert) in den 1970er-Jahren begonnen. Anfangs trugen die Frauen Bikinis, legten laufend mehr Kleidung ab. Hans Dichand erklärte einst: "Die englischen Boulevardzeitungen haben mit den Nackten begonnen, die haben uns aber so missfallen – wir konnten sie nicht mehr anschauen." Pension nach halbem Jahrhundert Der legendäre Verleger entwickelte die Rubrik stets weiter, änderte Anfang der 2000er-Jahre den Namen auf "Die Frau von neban" und begründete den Schritt folgendermaßen: "Bei uns sind das hauptsächlich Österreicherinnen. Es ist also wirklich die Frau von neban, die sich so frei bewegt, dass ihr das nichts ausmacht, wenn sie so fotografiert wird." Nun schickte die "Krone" ihre Frauen von nebenan in Pension. Verdient, nach beinahe 50 Jahren Dienst am Leser.